Soldatenfriedhof Andilly

im Département Meurthe-et-Moselle (Frankreich)

Kapelle und Eingang


Auf dem Soldatenfriedhof Andilly hat Onkel Erwin seine letzte Ruhe gefunden. Wir hatten zweimal den Friedhof in Frankreich besucht.
Unser Onkel Adolf ist in Russland vermisst. Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört.

Es ist immer wieder erschreckend zu sehen, wie viele junge Menschen in den Kriegen, sinnlos ihr Leben lassen mussten.
Die Geschichte, wie dieser Friedhof angelegt wurde, ist sehr interessant. Es lohnt sich den Beitrag zu lesen.

Andilly ist ein Dorf.....

12 km nördlich der Stadt Toul im Département Meurthe-et-Moselle gelegen, mit heute etwa 300 Einwohnern. Der Ort war im Ersten Weltkrieg Frontgebiet. Viele Bewohner verließen damals das Dorf und kehrten nach dem Krieg nicht mehr zurück. Sie hatten in anderen Teilen Frankreichs eine neue Heimat gefunden. Vor dem ersten Weltkrieg hat man auf der Anhöhe nach Ménil-la-Tour eine Begräbnisstätte der Merowinger (fränkisches Königsgeschlecht, gegründet unter Chlodwig I., 481-511, Ende der Merowinger im Jahre 751) entdeckt. Nun sollte in der Nähe, abseits der Hauptstraße und ca. 2 km noch vom Ort Andilly entfernt, auf einer leichten Anhöhe der größte deutsche Soldatenfriedhof des Zweiten Weltkrieges in Frankreich entstehen.

Am 12. September 1944 begann der amerikanische Gräberdienst mit der Einbettung eigener und deutscher Gefallener. Vornehmlich handelte es sich um Soldaten, die im Raum westlich Metz gefallen waren. Es entstand der "US Temporary Military Cemetery Andilly" (zweitweiliger Behelfsfriedhof) mit zunächst 3.445 amerikanischen und ca. 5.000 deutschen Gefallenen in zwei getrennten Gräberfeldern.

Da die Amerikaner grundsätzlich keine gemeinsamen Soldatenfriedhöfe mit anderen Nationen anlegen, wurden die amerikanischen Gefallenen 1945/46 zum amerikanischen Soldatenfriedhof nach St. Avold ("Lorraine Cemetery") überführt. Es ist der Friedhof der 7. US. Army und wurde am 16. März 1945 eingeweiht. Heute ruhen dort 10.489 Tote.

Die zunächst dort bestatteten 576 deutschen Gefallenen wurden nach Andilly gebracht und dort beigesetzt. Ebenso fanden deutsche Gefallene von der belgisch-luxemburgischen Grenze bei Longyon, aus den Vogesen, aus St. Juan, nahe der Schweizer Grenze, und die 4.891 deutschen Kriegstoten vom amerikanischen Soldatenfriedhof Epinal-Dinozé (westlich Colmar, in den Vogesen) in Andilly ihre letzte Ruhestätte.
1946 ist der Soldatenfriedhof Andilly verwaist. Dort lebende Deutsche und deutsche Kriegsgefangene richten die Gräberstätte notdürftig her. Unvergessen bleibt das Engagement des Bürgermeisters von Andilly, Nicola Frery, der unermüdlich für eine Begegnung und Verständigung mit den Deutschen bei seinen Bürgern eintrat und so bewirkte, daß sich Mißtrauen und Ressentiments in Vertrauen und Freundschaft wandelten. Bürgermeister Frery war Lokomotivführer und Soldat im Ersten Weltkrieg. Mit 27 Jahren wurde er 1923 bei der Ruhrbesetzung dienstverpflichtet und Lokomotivführer in Duisburg. In dieser Zeit schloß er mit vielen deutschen Lokomotivführern Freundschaft.

1946 war er Bürgermeister in Andilly für 300 Besucher und 11.000 deutsche Gefallene. Besonders am Herzen lag ihm das Grab "seiner Klara", der einzigen Frau, die seinerzeit inmitten der Soldaten ihr Grab bekam. Klara Engl war eine Rotkreuzschwester, die bei einem Fliegerangriff den Tod fand und am 20. November 1944 in Malling, Département Moselle, zunächst bestattet wurde. Der amerikanische Gräberdienst überführte die Tote später nach Andilly (Block 14, Reihe 9, Grab-Nr. 671). Bürgermeister Frery wurde Klara Engls "letzter Ritter"! 1947 übergaben die Amerikaner den Friedhof in die Obhut der französischen Behörden. Bürgermeister Frery hielt mit drei Arbeitern und Unterstützung seiner Bürger das 7,5 h große Friedhofsgelände nach besten Kräften instand und half den deutschen Angehörigen beim Auffinden der Gräber. Erste Angehörige kamen 1949.
1954 wird mit Frankreich ein Kriegsgräberabkommen bezüglich der Toten des Zweiten Weltkrieges abgeschlossen (für den Ersten Weltkrieg erst 1966!). Es ist die Grundlage der Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der im Dezember 1957 mit weiteren Zubettungen nach Andilly seine Arbeit aufnehmen konnte. Andilly wurde 1958 bis 1962 durch den Volksbund als endgültiger Sammelfriedhof ausgebaut und war seinerzeit Zentralort der gesamten Umbettungstätigkeiten in Frankreich. Aus den Départements Niévre, Saone-et-Loire, Cote d`or, Haute-Marne, Jura, Doubs, Haute-Saone, Vosges, Belfort, Meuse und Meurthe-et-Moselle erfolgten Zubettungen nach Andilly. Im Rahmen dieser Umbettungsmaßnahmen konnten 2000, bislang unbekannt gewesene Gefallene identifiziert werden und ihren Namen wiederbekommen.
Grab von Onkel Erwin
Herauszuheben ist die große Leistung eines internationalen Jugendlagers, das 1959 unter der Leitung von Julius Glock in Andilly durchgeführt wurde. Initiatoren waren das Kolpingwerk und der CVJM aus Köln, die weltweit zur Teilnahme an diesem Lager aufgerufen hatten. Jugendliche aus Bulgarien, China, Frankreich, Kuba, Österreich, Peru, Schweden, Spanien, der Schweiz, den USA und Deutschland kamen in den Ferien hier nach Andilly, um aus einem "Totenacker" eine würdige Ruhestätte zu schaffen. Der schwere und durch die Trockenheit wie Beton wirkende Lehmboden machte die Arbeit der 80 Jugendlichen oft zur Tortur. Es entstand u. a. eine 700 m lange wallartige Umfriedung des Geländes und ein ebenso langer Entwässerungsgraben.

Aus einem Bericht: Unter der ersten Lagergruppe in Andilly war auch ein junger Künstler aus Österreich. Er wurde im Kriege nicht weit von Andilly verwundet. Granatsplitter verletzten ihm die rechte Hand. Als er von dem Arbeitseinsatz las, schrieb er an das Kolpingwerk:

"Da ich selber Kriegsversehrter bin, kann ich natürlich nicht mit Hacke und Schaufel arbeiten, doch würde ich mich bereit erklären, ein Gemälde oder Sgraffito als Grabschmuck anzufertigen..."

Die Idee wurde schnell verwirklicht. Auf dem Friedhof gab es am Waldrand ein Kameradengrab, in dem die sterblichen Überreste total zerfetzter Leiber ruhten. Dieses Grab wurde ausgebaut und mit Blumen und Gewächsen geschmückt. Ossi, der junge Österreicher, schuf dann mit einigen anderen Teilnehmern innerhalb von vier Tagen ein fast drei Meter hohes Denkmal. Im Frühjahr 1961 konnte, nach Beendigung der Zubettungen, mit der gärtnerischen wie baulichen Gestaltung des Soldatenfriedhofes begonnen werden. Die Gräberfläche wurde in 40 Felder eingeteilt, die wiederum in Reihen untereilt wurden. Steinkreuze tragen auf beiden Seiten die Namen, Dienstgrade und Lebensdaten von je drei Gefallenen. Das Eingangsgebäude ist aus rotem Vogesen-Sandstein errichtet worden; eine Mauer verbindet es mit dem Einfriedungswall. In einer Nische des Gebäudes, mit Blickrichtung auf das Gräberfeld, ist ein hohes, geschnitztes Holzkreuz aufgestellt, das vormals auf einem ehemaligem deutschen Gräberfeld bei Pouxeux, Département Vosges (Vogesen) gestanden hat. Deutsche Kriegsgefangene hatten es für ihre gefallenen Kameraden geschnitzt.

Durch ein schmiedeeisernes Tor betritt man den Friedhof.
An der linken Seite befindet sich die Ehrenhalle, deren Wand ein Mosaik mit drei trauernden Soldaten zeigt, ein symbolhaftes Gestaltungsmerkmal, daß wir auf vielen Soldatenfriedhöfen, die der Volksbund gebaut hat, wiederfinden (Lommel, Quero, Pordoi, Langemark u. a. m.).

Ein Altarstein trägt die Inschrift: 33.029 deutsche Soldaten sind auf diesem Soldatenfriedhof zur letzten Ruhe gebettet. Heute ruhen in Andilly 33.085 Gefallene. Vom Eingang rechts geht es in einen Besucherraum, in dem die Belegungslisten und ein Besucherbuch ausliegen. In der Wandverkleidung aus Sandsteinplatten ist eine Inschrift eingemeißelt:
Der deutsche Soldatenfriedhof Andilly wurde in den Jahren 1958 bis 1962 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge errichtet und mit Hilfe der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und mit Förderung der Regierung der französischen Republik.

Am 29. September 1962 wurde der deutsche Soldatenfriedhof Andilly eingeweiht. 7.000 deutsche und 3.000 französische Besucher waren mit 122 Bussen und über 1.000 Pkw gekommen, um dabei zu sein. Eine Angehörige verkraftete die Begegnung mit dem Grab Ihres Mannes nicht, erlitt einen Herzanfall und verstarb am Ort.
Gisela, Ann-Kathrin und Karl am Grab
von Onkel Erwin


Andilly 12.7.2003

Gedanken


"Sagt nicht, daß die Toten tot sind. Etwas von Ihrem Wesen lebt weiter in ihren Nachkommen!"
Tschuangtse, chinesischer Denker um 300 v. Ch.


Quelle: Text vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.

http://www.volksbund.de

Spenden beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zur Erhaltung und Pflege der Gräber und Anlagen sind immer herzlich willkommen.

Eingangsbereich - Google Street View

Lage des Soldatenfriedhof bei Andilly

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